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Frieden ist mehr als nur ein Wort: Music Against War

Kann Musik die Welt retten? Kann ein simples Lied den Unterschied machen zwischen Krieg und Frieden? Welche Rolle kann Musik spielen in einem Europa, das nach historisch beinahe beispiellosen 77 Friedensjahren plötzlich entsetzt feststellen muss, dass die Bestie Krieg auch in seinen Grenzen jederzeit wieder die blutigen Fänge zeigen kann. Noch ist er auf die vom britischen Historiker Timothy Snyder so treffend benannten ‚Bloodlands‘ konzentriert, die blutgetränkten Felder und Städte der Ukraine, die im vergangenen Jahrhundert bereits zweimal von deutschen und russischen Heeren gebrandschatzt, verwüstet und ausgeblutet worden sind. Doch wie jeder Krieg, hat auch dieser seine eigenen Gesetze, und wie noch jeder europäische Krieg der Vergangenheit, wird dieser ebenfalls das Antlitz des Kontinents dauerhaft verändern. Entziehen können wird sich ihm und seinen Folgen auf Dauer niemand. Hier nicht, in unseren Nachbarländern nicht, nirgendwo in Europa und darüber hinaus.

Was also kann Musik hier ausrichten? Kann sie die Herzen und Seelen ansprechen, in einer Welt am Rande eines weiteren Abgrundes? Kann sie die Geschicke der Menschen ändern oder zumindest erleichtern?

Ein klares Nein zu alledem“, wird der Zyniker nun mit sardonischem Lächeln antworten, „was für eine lächerliche und naive Vorstellung.“ Der selbsternannte Realist wird mit ernster Miene beipflichtend nicken.

Obwohl Musik die oft bewiesene Macht besitzt, Gefühle wie Trauer, Freunde, Lust oder Wut zu wecken und zu verstärken, kann ein einfacher Song wohl tatsächlich keinen Schutz bieten gegen kaltherzigen Massenmord, gegen Raketen, Panzer und Bomben, noch kann er etwas ausrichten gegen das blinde Wüten machthungriger Diktatoren und deren Lust auf Zerstörung.

Dennoch kann Musik, so ist nun einmal die Natur des Menschen, eine Rolle spielen, vor allem in Zeiten von bitteren Konflikten, in den Alptraum-Szenarien, die bestimmt sind von tödlichen Feindschaften, ungleicher Machtverteilung, ideologischer Raserei und scheinbar unüberwindbaren Gräben zwischen Menschen und Nationen.

Am Ende war es ein Lied, dass Soldaten des Zweiten Weltkriegs über alle Schlachtfelder, Frontlinien und Schützengräben hinweg anrührte, das sie ansprach und das sie zu lieben lernten. Die bitter-süße Ballade „Lili Marleen’ über einen Soldaten, der fernab der Heimat von seiner Liebsten träumt, wie sie einst unter der Laterne vor der Kaserne auf ihn wartete, wurde zuerst vom deutschen Soldatensender Belgrad ausgestrahlt und avancierte bald zum weltkriegsweiten Hit über alle Sprach- und sonstigen Grenzen hinweg. Die Atmosphäre des Songs, das grundlegende Sentiment sprach die Soldaten unmittelbar an. Es brachte eine Saite tief in ihrem Inneren zum Klingen, berührte ihre Menschlichkeit und schlug so Brücken zwischen Männern, und es waren fast ausschließlich Männer, die einander feindlich gegenüberstanden, gefangen im blutigen Alptraum mechanisierter und industrialisierter Massenschlächterei des Weltkrieges.

Dieser Krieg sollte der letzte gewesen sein auf europäischem Boden, darin waren sich die Nationen und ihre Führer nach 1945 weitestgehend einig. 77 Jahre hielt dieser, in Zeiten des Kalten Krieges oft brüchige, Konsensus. Doch nun wütet wieder ein bewaffneter Konflikt im Herzen Europas, der die Geister der grausigen Vergangenheit erneut heraufbeschwört. Lange hatten sich Europäer komfortabel in einem Zustand eingerichtet, der vielen wie ein ewig währender, unerschütterlicher Frieden erschien. Doch dieser Frieden war nie mehr als eine Illusion, eine traumgleiche Wirklichkeit, die in dieser Form nirgendwo sonst in einer Welt geteilt wurde, in der Blutvergießen und bewaffnete Konflikte nach wie vor zum Alltag gehörten und gehören. Viel zu schnell haben Europäer zudem vergessen, dass vor zweieinhalb Jahrzehnten auch auf dem Balkan ein zwar kurzer, trotzdem sehr blutiger Krieg getobt hatte. Ebenso wie schnell wieder vergessen wurde, wie selbstverständlich – und beinahe unwidersprochen – Russland der Ukraine 2014 die Krim entrissen hatte.

Mitten im Frieden haben wir uns zu sehr an die Geschichten und Bilder von Gewalt, Verwüstungen und unermesslichem menschlichen Leid gewöhnt, die uns per TV, Internet und Sozialen Medien frei Haus auf die großen und kleinen Bildschirme geliefert wurden und die mit einer kurzen Fingerbewegung weggewischt werden können. Wir haben die Bilder und Nachrichten aus Afghanistan, dem Jemen, Syrien oder Libyen zur Kenntnis genommen, irgendwie, aber dann beinahe sofort wieder vergessen. Der blutige Konflikt in der Ukraine hat unsere Wahrnehmung verändert. Er findet unangenehm nahe statt, quasi direkt vor unserer Haustür. Das unerträgliche Leid, dass wir nun täglich sehen, ist nicht mehr das irgendwelcher Menschen irgendwo anders auf dem Planeten, sondern das unserer europäischen Nachbarn. Für viele ist der Krieg in der eigenen Familie angekommen. Wir sind direkt betroffen, auch weil die Lebensmittelpreise steigen, der Benzinpreis und die Heizkosten. Vor allem aber, weil wir mit hineingezogen werden in diesen Konflikt, jeden Tag ein Stückchen weiter. Dennoch, wie lange wird es dauern, bis wir selbst von diesen Bildern genug haben und uns einmal mehr in den Zustand angenehmer Betäubung zurückziehen werden? Soll die Welt doch machen, was sie will, was geht mich das an?

Musik kann Brücken schlagen. Lili Marleen ist ein Beispiel dafür. Das außerordentliche Werk der israelischen Band Orphaned Land mag als ein anderes dienen. Die Gruppe ist unter israelischen und palästinensischen Jugendlichen gleichermaßen populär und versucht ganz bewusst mit ihrer Musik, aber auch in Wort und Tat, die Gegensätze zwischen beiden zu überwinden und wirbt für Verständnis und Anerkennung.

 

Musik kann machtvolle Verbindungen zwischen Menschen aller Rassen, Religionen, Nationen und Überzeugungen knüpfen. Sie kann Träume erschaffen und für sie werben, sie kann Gefühle wecken und Hoffnung wie Verzweiflung eine Stimme geben. Das Bedürfnis nach Frieden und Freiheit, nach grundsätzlicher Menschenwürde, ist es, was uns über alle kulturelle, religiöse, ethnische oder linguistische Barrieren hinweg miteinander verbindet.

Hier kommt Music Against War ins Spiel, eine globale Initiative, die darauf abzielt, so viele Menschen in so vielen Sprachen wie möglich zu erreichen, um so Gräben zuzuschütten und die Einheit in Träumen und Wünschen zu fördern.

Freedom“ ist der Titel des Liedes, das der italienische lyrische Tenor Allessandro Rinella auf Englisch aufgenommen hat, und er wird bei dieser Aufnahme von Sängern aus allen Teilen der Welt begleitet, die in ihrer jeweiligen Muttersprache singen, auf Griechisch, Arabisch, Hebräisch, Russisch, Ukrainisch, Deutsch und viele andere. Die Botschaft ist klar: Lasst uns Einheit, Frieden und Freiheit in einem kraftvollen Statement feiern, welches das Chaos in Frage stellt, in das die Welt hinabgleitet.

 

Titlebild: Photo by Darius Soodmand on Unsplash

 

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Die Wiederkehr der PopKomm.

Eine Zeitlang war sie die größte Musikmesse Europas und eine der wichtigsten der Welt. Die PopKomm, ganz bescheiden gestartet in einem Düsseldorfer Provisorium, dann bald umgezogen in die Kölner Messe, war die jährliche Veranstaltung, die die Popwelt Deutschlands von den späten 80ern des 20ten bis ins erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts maßgeblich geprägt hat. Seitdem ist viel Wasser den Rhein heruntergeflossen und das Musikgeschäft ist vielen der durchaus revolutionären Umwälzungen, die die Welt in den letzten beiden Jahrzehnten von Grund auf verändert haben, nur noch hinterher gehechelt. Unsere Realität 2021 ist eine radikal andere als die früherer Jahrzehnte. Die CD, verdrängt von Streaming-Services und Subskription-Angeboten ist lediglich Nostalgikern etwas wert, statt MTV und VIVA bestimmen die Algorithmen von Youtube und TikTok was heutige Teenager lieben und was nicht. Man rechne dazu auch den Brexit, der das bisherige Zentrum europäischer, wenn nicht gar globaler, Popkultur seit Januar 2021 rigoros vom europäischen Festland abschneidet. Europatourneen, mit denen seit Jahrzehnten englische Musiker aus dem Unter– und Mittelbau sowie spezialisierte Transportunternehmen, Licht- und Beschallungsfirmen, Merchandiser, Roadies, Techniker, Agenten und viele mehr mehrheitlich ihren Lebensunterhalt bestritten, sind plötzlich kaum noch finanzierbar und mit massivem Verwaltungsaufwand verbunden. Unterhändler auf EU wie auf britischer Seite haben dem Kultursektor kaum Aufmerksamkeit gespendet und achselzuckend hingenommen, dass eine ganze Branche den kaum erschwinglichen Preis für nationalistische Idiotie bezahlt. Soweit die Lage, wie sie sich im Sommer 2021 darstellen würde, gäbe es da nicht noch diesen Virus, der nicht nur die Branche, sondern gleich ganze Nationen, Regionen und Kontinente lahmlegt. Isolation hier, Quarantäne da, Auftrittsverbote allerorten, Grenzen dicht und Kneipen sowieso – COVID 19 ist ein echter Spaßverderber. Derweil sterben Menschen weltweit in überfüllten Krankenhäusern oder gleich auf der Straße und ist der Virus allen Impfstrategien scheinbar immer einen Fußbreit voraus. Die oberflächlichen Veränderungen erleiden wir alle seit zwei Jahren. Dass es mit diesen jedoch längst nicht getan ist, dämmert erst langsam. Gesellschaften verändern sich rasant in globalem Rahmen, und mit ihnen bisherige Konsensus. Neue Narrative stellen – oft aggressiv – akzeptierte Normen und Werte infrage, intern und extern. Wohin das alles führen wird? Wohl dem, der sich einer Antwort sicher ist. Ob diese die richtige ist, wird allerdings erst die Zukunft zeigen, und Zweifel bleiben erlaubt. Wir sind noch mitten in der Anfangsphase von revolutionäre Umwälzungen und, wie das bei Revolution so üblich ist, bleibt völlig offen, wie die Welt in einigen Jahren aussehen wird.

Karl Lauterbach (© Karl Lauterbach)

Diskutieren sollte man darüber allerdings schon jetzt. Womit wir zurück bei der PopKomm wären. Reden, debattieren, alle Beteiligten an einen Tisch bringen, Konzepte entwickeln – das alles war, abgesehen von den langen und feuchten Nächten beim Mexikaner, immer der Hauptfokus der PopKomm. Und genau hier setzt die wieder erweckte PopKomm 2021 an. Sie bringt Politiker und Kulturschaffende zusammen. Aus der Programmankündigung auf Hömepage:

Zurück in Köln geht die Popkomm nächstes Wochenende am 11. Juni mit hochkarätigen Gäst:innen im Programm als Parliament of Pop an den Start.

Der geplante digitale Plenarsaal soll nach Jahren des fehlenden Austausches wieder einen gemeinsamen Gesprächsraum zwischen Akteur:innen aus den beiden Lagern Pop und Politik eröffnen. Ziel der ganzen Veranstaltung soll es sein, den politischen Diskurs zu erweitern und aufzuzeigen, dass Pop nicht nur inhaltsleere Massenkultur sein, sondern ebenfalls Inhalte und Haltung zu wichtigen Diskursen beitragen kann.
Viele der geplanten Gäst:innen verkörpern extrem gut die beiden Kernbereiche des geplanten Themenabends.

Claudia Roth, (Foto: J. Konrad Schmidt und Stefan Kaminski)

Mit von der Partie sind neben Claudia Roth (Bündnis 90 / Die Grünen) und Karl Lauterbach (SPD) etliche andere prominente Vertreter:innen aus Pop und Politik. Das gesamte Spektakel wird am Freitag ab 20:00 Uhr live aus dem Club Luxor in Köln gestreamtund von Susanne Reimann (Journalistin, TV Moderatorin, Redakteurin und Sprecherin), Michael Westerhoff (Journalist und Moderator), Isabel Roudsarabi (Chefredakteurin Höme – Für Festivals) und Steve Blame (TV Moderator und Autor) moderiert. (Quelle: Höme)

Direktlink zur PopKomm

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Wacken 2021 abgesagt

Und wieder nix mit Metal auf der Kuhwiese. Auch im zweiten Jahr der Covid-Epidemie wird es im Mekka europäischer Metal Fans abgesehen vom Blöken des lokalen Rindviehs keine lauten Töne geben. Während das Virus munter rund um den Globus mutiert und Länder und Regionen auf sich selbst beschränkt, bleibt die Livemusik erneut auf der Strecke. Mit Trauer im Herzen haben die Macher des Wacken Open Air daher jetzt auf der Website des Festivals verkündet, dass das Open Air – immerhin eins der größten und wichtigsten Metal-Festivals der Welt – auf das Jahr 2022 verschoben wird. Nicht nur für Wackenfans ist dies eine ganz schlechte Nachricht, sondern auch für all diejenigen, deren täglich Brot entscheidend von Liveveranstaltungen abhängt. Ob Bühnentechniker, Merchandiser, Ordner, Roadcrews oder Musiker – um nur einige zu nennen , sie alle sind damit in ihrer Existenz getroffen. Bleibt nur die Hoffnung, dass fortgesetzte Massenimpfungen bald zum Erreichen der Herden Immunität und damit endgültig zum Wiederaufleben des längst schmerzlich vermissten Livesektors führen. Dann wird vom 04.08. – 06.08.2022 auf den Wiesen um Wacken wieder des diesjährigen Muhens und Blökens wieder ein vieltausendstimmiges WACKÖÖÖÖÖN zu hören sein.

Um die Erinnerung wachzuhalten, hier ein Blick auf die guten alten Prä-Covid-Zeiten:

https://www.youtube.com/watch?v=HWH7tjm5IOI
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Legs On Wheels: Krautig, psychedelisch, abgedreht

Ein Hauch von Kraut Rock, Amon Düül II auf Speed vielleicht, jede Menge psychedelischer Rock, und in diesem Kontext überraschend einprägsame Melodiefetzen – Legs on Wheels treiben die Corona Pandemie und Lockdown induzierte Verrücktheit zu neuen Höhepunkten. Die Combo aus dem verregneten Nordwesten Brexitanniens zelebriert den aus den Fugen geratenen Alltag aber nicht nur musikalisch, sondern setzt in ihren Videos auch visuelle Glanzlichter. Das Video zum aktuellen Song ‚Milktop Mandy‘ ist eine Reise in psychedelische Wunderwelten, die von Dada ebenso inspiriert sind wie von Timothy Leary, dem Sergeant Pepper Movie und Salvador Dali. Zum Beginn des Videos sitzt der Sänger völlig bekleidet in der gefüllten Badewanne und schrubbt seine Achselhöhlen mit einer langstieligen Bürste. Die ersten Zeilen des Songs klingen sehr nach den Beatles und verraten damit schon einiges über einen der Einflüsse der Band. Doch dann wird es bunt und, na ja, krautrockig, erinnert an Amon Düül II, aber natürlich auch an britischen Psychedelic Rock der 60er Jahre.

https://youtu.be/0RAtCgblxhY

Britische Musiker hat es hart erwischt. Der Brexit macht Touren in der EU, bis dato für viele Künstler eine ihrer Haupteinnahmequellen, extrem kompliziert und für viele so teuer, dass sie sich nicht mehr lohnen. Der Markt vor ihrer Haustür ist ihnen weggebrochen, seitdem Brexitannien die Tür hinter sich zugeschlagen hat. Und dann kam zu allem Überfluss noch der Covid-19 bedingte Lockdown, die von der Zwangsquarantäne bedingte Untätigkeit. So unangenehm bis katastrophal die Folgen von beiden für das wirtschaftliche Gedeihen der Musiker sind, so kreativ gehen sie doch mit ihnen um und brechen zunehmend erstarrte Hör-und Präsentationsformen auf, die in einer anderen Wirklichkeit noch relevant erschienen, Legs on Wheels ist nur ein Beispiel dafür.

MQ 2021/ Edgar Klüsener

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Spaß daheim: Robert Fripp und Toyah Wilcox covern ‚Rock You Like A Hurricane‘ von den Scorpions.

Damit auch im Covid 19-Lockdown daheim keine Langeweile aufkommt, haben Robert Fripp und seine Frau Toyah Wilcox vor einiger Zeit damit begonnen, im heimischen Wohnzimmer vor laufender Kamera Coverversionen bekannter Rock- und Popsongs vor laufender Kamera zu spielen. Robert Fripp, cool wie immer, spielt die Gitarre, Toyah Wilcox tanzt, verkleidet sich, singt und mimt. Die beiden haben sichtlich jede Menge Spaß dabei und mit ihnen hunderttausende von Youtube-Surfern, die regelmäßig bei den Sunday Lunch- Konzerten vorbeischauen. Nun haben sich die beiden, unterstützt von Sidney Jake an der zweiten Gitarre, des Scorpions-Klassikers ‚Rock You Like A Hurricane‘ angenommen. Toyah Wilcox im hautengen Catwoman- Kostüm faucht – nicht im Original – ‚Fripp’s ma Bitch‘ und schwingt die Lederpeitsche, was Robert Fripp mit leicht besorgtem Gesichtsausdruck zur Kenntnis nimmt, aber trotzdem ungerührt  weiter die Bratakkorde runter schrammt.

Im Rahmen der Sunday Lunch-Wohnzimmer Sessions habe die beiden zuvor schon Songs wie ‚Born To Be Wild‘, ‚Heroes‘, Purple Haze‘ (mit Toyah an der Gitarre) oder ‚Smells Like Teen Spirit‘ performt.

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Dirkschneider & The Old Gang: Alte Helden leben länger

Man könnte es eine Accept-Reunion ohne Wolf Hoffmann nennen. Muss man aber nicht, denn was sich da aus der Heavy Metal-Geschichte in die Gegenwart stiehlt, erinnert personell zwar mehr als nur ein wenig an glorreiche Solinger Zeiten, ist aber letztlich doch klar ein anders gelagertes Projekt. Rund um Udo Dirkschneider, so unverwüstlich wie schon seit Dekaden und mit bewundernswerter Sturheit nach wie vor eine relevante Reibeisenstimme, hat sich mit den früheren Accept-Kumpanen Stefan Kaufmann und Peter Baltes, seinem trommelnden Sohn Sven und dem früheren U.D.O.- Gitarristen Matthias ‚Don‘ Dieth’ sowie Sängerin Manuela Bibert eine außerordentliche Truppe gesammelt. Die Besetzung allein ist schon vielversprechend und deutet ein Projekt an, dessen wahre Größenordnung in Zukunft wohl noch für einige Überraschungen gut sein wird. Erste Hinweise auf die fantastische musikalische Qualität offenbaren die beiden unter Lockdown-Bedingungen produzierten Videos für ‚Arising (Face of A Stranger)‘ und ‚Where Angels Fly‘, die derzeit auf Youtube für Furore sorgen. Weitere Nachrichten zum Projekt folgen in Kürze.

Youtube Video ‚Face Of A Stranger‘):

Youtube Video ‚Where Angels Fly‘

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Lael Neale – Neues Album „Aquainted With The Night“

Nach den bereits veröffentlichten Tracks Every Star Shivers In The Dark“ und For No One For Now“ kündigt die kalifornische Songwriterin LAEL NEALE endlich ihr Debüt „Acquainted With Night“ für Sub Pop an. Sämtliche Songs vom Album wurden von NEALE komponiert und arrangiert. Guy Blakeslee produzierte, während Chris Coady  fürs Mastering verantwortlich war.

LAEL wuchs auf einer Farm im ländlichen Virginia auf, lebt aber seit fast zehn Jahren in Los Angeles. Dort arbeitete sie mit unzähligen Musikern und Produzenten zusammen, fühlte sich vom Sound ihrer Kollaborateure aber häufig erdrückt:  „Every time I reached the end of recording, I felt the songs had been stripped of their vitality in the process of layering drums, bass, guitar, violin and organ over them. They felt weighed down.“

Anfang 2019 erwarb sie ein neues Instrument, das fortan zu ihrem treuesten Begleiter zählen sollte: das Omnichord. Mit diesem begann sie eine Flut von neu entstehenden Songs aufzunehmen, mit der Absicht, ihre ursprüngliche Form so weit es nur ging unangetastet zu lassen. Vier Spuren und first Takes only lautete für LAEL und ihre Mitstreiter daher die Devise, um die Songs möglichst in ihrer Essenz einzufangen.

Das Ergebnis lässt sich im Februar auf „Acquainted With Night“ anhören, das im britischen Uncut bereits euphorisch gefeiert wurde („A thing of shimmering beauty, led by Neale’s otherworldly voice with its shades of Vashti Bunyan and Julia Holter.”)

Mit „Blue Vein“ teilt die Sängerin jetzt außerdem den subtilen Opener ihres Albums. Ein kontemplativer Track über die Art und Weise, wie Geschichte unseren Körper durchläuft. LAEL bezeichnet den Track als persönliche Hymne („I wrote it around New Year’s Eve and it felt like a resolution.“) Schaut euch das von LAEL gedrehte Video zu „Blue Vein“ an, das erneut die Lo-Fi-Ästhetik der vorigen Videos stimmungsvoll aufgreift.

Dieser Text ist kein eigener redaktioneller Beitrag, sondern beruht auf einer Pressemitteilung der deutschen Plattenfirma!

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Iced Idiot

Jon Schaffer ist seit vielen Jahren eine bekannte Größe in der internationalen Metalszene. Aus seinen teils abstrusen politischen Anschauungen hat der Gitarrist und Texter von Iced Earth nie einen Hehl gemacht. Dass er immer weiter in rechte Radikalität abdriftete, faschistischen und nazistischen Verschwörungstheorien ebenso wie weißem Herrenmenschenwahn verfiel, fiel daher lange Zeit gar nicht so sehr auf. Auch als er sich mehr und mehr zum Trumpfan wandelte und all dessen Lügen ebenso b

Iced Idiot

ereitwillig schluckte wie die Weltverschwörungstheorien von QAnon und ähnlichen Konsorten – diese im Übrigen den ebenso hanebüchen erfundenen ‚Protokollen der Weisen von Zion‘ nachempfunden, die den Nazis als Begründung für die kaltblütige Abschlachtung von Millionen von Menschen dienten – wurde ihm noch als künstlerische Exzentrität nachgesehen. Man trennte halt zwischen Kunst und Künstler. Musik gut, Schaffer… naja. Aber dass er nun vor laufenden Kameras den gewalttätigen Sturm auf das amerikanische Capitol rechtfertigte und seine Bereitwilligkeit verkündete, Blut zu vergießen, macht es unmöglich, den Mann weiter als Exzentriker zu sehen. Denn er stürmte tatsächlich das Capitol und machte sich damit nicht nur des Rechtsbruchs und des Hochverrats schuldig, sondern auch der Mitbeteiligung am Mord an einem Polizeibeamten und am Tod von vier weiteren Personen. Folgerichtig wird sich Schaffer vor Gericht unter anderem auch wegen der Beteiligung am Mord rechtfertigen müssen.

Der Musiker hat im Übrigen nie verhehlt, dass seine Familie tief in der rechtsradikalen John Birch-Society verwurzelt war und dass die Gedankenwelt der Society auch ihn geprägt hat. Seine Band, Fans und befreundete Musiker wie Hansi Kürsch müssen nun Stellung beziehen. Und Plattenfirmen sollten sich gut überlegen, wie sie in Zukunft – wenn überhaupt – seine Musik vermarkten wollen.

 

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Der Wind der Veränderung bläst immer weiter

Am 27. November veröffentlichen die Scorpions eine Sonderausgabe von „Wind Of Change“. Der Song hat mittlerweile 30 Jahre auf dem Buckel und ist spätestens seit dem Mauerfall zur Hymne der friedlichen Revolution geworden, die in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts Europa von Grund auf umgekrempelt hat. Die Box enthält eine CD, eine Vinylversion, die Partitur und, das eigentliche Schmuckstück, ein hochwertig aufgemachtes 84-seitiges Buch mit festem Einband. Das Buch, geschrieben von MuzikQuest-Chef Edgar Klüsener und illustriert mit exklusiven Fotos aus dem Archiv von Didi Zill und Klaus Meine, erzählt weit mehr als ‚nur‘ die Geschichte des Songs. Es nimmt den Leser mit auf eine Reise durch das Europa der Nachkriegsjahrzehnte, dessen zwei Hälften, gespalten durch den beinahe undurchdringlichen Eisernen Vorhang, sich in scheinbar unversöhnlicher Systemfeindschaft bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstanden. Die Geschichte des Songs wird so auch zur Geschichte des Kontinents, erzählt vom Wind der Veränderung, der sich vom lauen Lüftchen zum Orkan steigerte und am Ende die bestehende Ordnung hinweg blies. Wie der Song erzählt auch das Buch von der Hoffnung, die Europa Ende der Achtziger und in den frühen Neunzigern erfüllte. Doch auch seitdem bläst der Wind der Veränderung ständig weiter, hat die Hoffnungen verweht, neue geschürt und stürmt nun durch eine Welt, die sich weiter radikal verändert. Tatsächlich, so das Fazit des Buches, ist ‚Wind Of Change‘ daher immer noch so aktuell wie in jenem Sommer des Jahres 1989, in dem Klaus Meine den Text zu dem Lied aufschrieb.

Die Scorpions, auch das macht das Buch klar, waren damals wie kaum eine andere Rockband dazu prädestiniert, einen Song wie ‚Wind of Change‘ glaubhaft zu schreiben. Ihre Karriere begann, als die Erinnerung an deutsche Massenmorde und Kriegsverbrechen in Europa noch ebenso taufrisch waren wie das Entsetzen vor dem kaltblütigen Blutdurst der selbsternannten Herrenmenschen. Wer damals als Deutscher Grenzen überqueren wollte, egal ob nach Holland, Frankreich oder Polen, musste das in Demut tun. Die Scorpions verstanden das wohl. Sie repräsentierten ein neues Deutschland, das die Schuld der Väter nicht verneinte und sich um Verständigung bemühte. Das wurde gerade auch in der Sowjetunion angenommen, dem Land das neben Polen mit Abstand am schrecklichsten unter den Naziverbrechen gelitten hatte.

Das Buch zeigt die Zusammenhänge auf und so wird es nachvollziehbar, warum ‚ausgerechnet‘ eine deutsche Hardrockband die Hymne der friedlichen Revolution geschrieben hat, die am Ende auch zum Fall jener Mauer führte, die Deutschland geteilt hatte.

Für die exzellente englische Übersetzung zeichnet Stefan Glietsch verantwortlich.

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Manchester hat keinen Bock mehr auf Morrissey

Aufgewachsen und groß geworden ist Morrissey in der englischen Metropole Manchester. Es gab Zeiten, da lag ihm die Stadt zu Füssen. Da war er noch der Sänger der Smiths und die leidvolle Stimme einer ganzen Generation englischer Kids, die in der Depression der Achtziger darbten und für die der Niedergang der alten industriellen Zentren des Nordwestens gleichbedeutend war mit Hoffnungslosigkeit und sozialer Kälte. Seitdem ist viel geschehen. The Smiths haben sich in bitterem Streit selbst zerlegt und Morrissey machte alleine weiter. Außerdem driftete er immer weiter in politische Grauzonen ab, wandte sich zunächst den Konservativen zu und befürwortete lauthals den Brexit, um dann wenig später die extreme Rechte der Insel innig zu umarmen und sich für deren Ziele auszusprechen. Irgendwann hatte schließlich auch seine Heimatstadt die Nase voll von ihm. Dieses zerfetzte Poster klebt an einer der Türen des Junction Hotels im Ortsteil Hulme, nur einige Straßenzüge entfernt von seinem alten Elternhaus.

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